Die wichtigste Frage: Ist die Wunde infiziert?

Riepe G, Bültemann A

Die Haut ist mit Bakterien besiedelt. Man bezeichnet diese Keime als die physiologische Hautflora. Diese ist Teil des Schutzmantels der Haut. Genauso sind Wunden mit Bakterien besiedelt (Kontamination). Da die Bedingungen am Wundgrund andere sind als auf der Epidermis, wird auch die Zusammensetzung der Keime anders sein als auf der intakten Haut. Vermehren sich einige Bakterienarten (Kolonisation), so verschiebt sich das Gleichgewicht der Bakterien. Häufig ist dies an dem typischen Geruch und der Farbe der vermehrten Keime erkennbar. Dringen Bakterien in das Gewebe ein und erfolgt eine massive Reaktion der immunkompetenten Zellen (Leukozyten), so liegt eine Infektion vor. Diese ist klinisch in der Wundumgebung an den klassischen Infektionszeichen erkennbar: Rötung, Schwellung, Überwärmung und Schmerz. Der Wundgrund kann mit einer vermehrten Exsudation reagieren. Gelangen die Keime oder ihre Stoffwechselprodukte in den Kreislauf entsteht Fieber.

Die klinisch vermutete Infektion lässt sich mit Laborwerten (Leukozyten, CRP, Procalcitonin und beim Diabetiker: BZ-Schwankungen) nachweisen. Ein Wundabstrich ist nur ein Auszug der zu erwartenden Keimbesiedelung und beweist NICHT eine Infektion der Wunde.

Achtung: Patienten mit chronischen Wunden sind meist immungeschwächt. Diabetes mellitus und regelmäßige Dialysen reduzieren die leistungsfähigen Lymphozyten.

Diabetiker haben weniger deutliche Infektionszeichen. Sie haben keinen Schmerz (sensorische Neuropathie). Sie haben vorbestehend gerötete, trockene und warme Füsse (autonome Neuropathie) und eine Schwellung der Zehen durch ein Lymphödem bei chronischer Lymphangitis nach rezidivierenden Keimeintritten durch die trockene, rissige Haut. Auch entwickeln sie selten Fieber. Gerade bei Diabetikern sind daher engmaschige BZ und CRP Kontrollen wichtig zum Infektausschluss.

Bei einer pAVK werden sie Endgebiete, die Füße, am wenigsten versorgt. Bei fehlender Blutzufuhr sind auch hier die Rötung, Schwellung und Überwärmung weniger ausgeprägt.

Bei jedem Verbandwechsel müssen wir uns der Frage stellen:

"Ist die Wunde infiziert?"

Beim vorliegen von Infektzeichen und beim Verdacht, ist der zuständige Arzt umgehend zu informieren. Ein Wundinfekt kann lebensbedrohlich werden.



Rötung, Schwellung, Überwärmung, kein Schmerz wegen Polyneuropathie

Die WundUhr© bietet einen orientierenden Überblick über die Grundlagen der modernen, phasengerechten Wundbehandlung. Informationen zum Gebrauch der Verbandstoffe und zu deren Einschränkungen sind den jeweiligen Herstellerinformationen vorab zu entnehmen. Bei fehlender Besserung binnen 14 Tagen ist stets eine übersehene Wundursache ärztlich abzuklären.
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